DIE WORTE DER GLAUBENSLEHRE - Von Don Nicola Bux und Don Salvatore Vitiello - „SPE SALVI“. Die zweite Enzyklika des Heiligen Vaters Benedikt XVI.

Freitag, 30 November 2007

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Die neue Enzyklika des Heiligen Vaters Benedikt XVI ist ein grosses Fresko über die christliche Hoffnung: « Spe salvi facti sumus » - auf Hoffnung hin sind wir gerettet (vgl. Röm 8, 24) ist ihr Titel. Und es kann angenommen werden, dass sie nicht wenig die Zeit und das Studium der Christen und der Menschen guten Willens in Anspruch nehmen wird. Nachdem er uns die „Deus caritas est“ über die Liebe geschenkt hat, schenkt der Heilige Vater der Kirche jetzt einen Text über die Tugend der Hoffnung, jene Tugend die Péguy als „Kind“ unter den göttlichen Tugenden definiert hat, die von den anderen grösseren Tugenden - Glauben und Liebe - an der Hand geführt zu sein scheint, die sie aber in Wirklichkeit leitet und stützt.
Es handelt sich um einen dynamischen Text in 50 Nummern, die ihrem Erscheinen nach nicht in Teile gegliedert sind, die aber in Wirklichkeit zusammengesetzt sind durch eine Definition der christlichen Hoffnung mit grosszügigen Vertiefungen und Berichtigungen von Fehlern in der Auffassung dieser Tugend und einem zweiten Teil unter dem Titel „Lern- und Übungsorte der Hoffnung“, in dem die ganze Väterlichkeit und pastorale Hilfe des Papstes für seine Kinder und alle Menschen ersichtlich wird, um dazu zurückzukehren als Kirch zur Hoffnung zu erziehen.
Die ersten 13 Nummern sind eine leidenschaftliche biblisch-theologische Analyse der Hoffnung. Der Papst fragt: „Welcher Art ist denn diese Hoffnung, die es gestattet zu sagen, von ihr her und weil es sie gibt, seien wir erlöst? Und welcher Art Gewißheit gibt es da? (Nr.1)
Und es geht mit aller Offensichtlichkeit hervor, dass die christliche Hoffnung zweifelsfrei auf den Glauben gegründet ist, und dass sogar „Hoffnung gleichbedeutend mit Glaube “ ist. Die Hoffnung ist also eine Person, sie ist Christus selbst, denn nur wer fähig ist, Hoffnung zu schenken die selbst den Tod überwindet, der schenkt wahre Hoffnung! Das ewige Leben ist also der echte Maßstab der menschlichen Hoffnung. Der Kampf gegen den Tod, das Sich-Befreien vom Tod hat war stets ein kennzeichnendes Element der menschlichen Erfahrung. Aber „wollen wir das eigentlich - ewig leben? Vielleicht wollen viele Menschen den Glauben heute einfach deshalb nicht, weil ihnen das ewige Leben nichts Erstrebenswertes zu sein scheint. Sie wollen gar nicht das ewige Leben, sondern dieses jetzige Leben, und der Glaube an das ewige Leben scheint dafür eher hinderlich zu sein. Ewig - endlos - weiterzuleben scheint eher Verdammnis als ein Geschenk zu sein. Gewiß, den Tod möchte man so weit hinausschieben wie nur irgend möglich. Aber immerfort und ohne Ende zu leben - das kann doch zuletzt nur langweilig und schließlich unerträglich sein“ (Nr. 10)
Der Heilige Vater führt uns so hin zu einer radikalen Frage, zur Grundfrage jeder menschlichen Existenz: Offenbar gibt es da einen Widerspruch in unserer Haltung, der auf eine innere Widersprüchlichkeit unserer Existenz selbst verweist. Einerseits wollen wir nicht sterben, will vor allem auch der andere, der uns gut ist, nicht, daß wir sterben. Aber andererseits möchten wir doch auch nicht endlos so weiterexistieren, und auch die Erde ist dafür nicht geschaffen. Was wollen wir also eigentlich? Diese Paradoxie unserer eigenen Haltung löst eine tiefere Frage aus: Was ist das eigentlich ,,Leben’’? Und was bedeutet das eigentlich ,,Ewigkeit’’? (Nr. 11)
Die Antwort auf diese Fragen füllt einen Grossteil des Textverlaufs und es ist ein aussergewöhnlich faszinierender Weg, der den Leser nicht nur dazu führt, die eigenen Kenntnisse zu vertiefen, sondern ihn auch zu einer gewaltigen Eigenbeobachtung bringt, zu einer Konfrontierung mnit sich selbst und mit der radikalen Bedeutung seiner Existenz.
Die geschichtliche Analyse der Entwicklung des Begriffes der Hoffnung in der Neuzeit (Nr. 16.-21) enthält einen grossen und auch kritischen Beitrag zu den Ausläufern eines Gedankengutes, dass anthropozentrisch reduziert, alles vom Menschen her misst und so dazu gekommen ist, Gott ausschliessen zu wollen. Es ist die Ideologie des Fortschritts die den Menschen getäuscht hat und weiter täuscht und die mit ausserordentlicher Klarheit in den Ideen von Bacon identifiziert ist, von dem ausgesagt wird: „Francis Bacon und die ihm folgende Strömung der Neuzeit irrten, wenn sie glaubten, der Mensch werde durch die Wissenschaft erlöst.“ (Nr. 25) Und Benedikt XVI, als grosser Kenner des Herzens und der Realität des Menschen vertritt:
Nicht die Wissenschaft erlöst den Menschen. Erlöst wird der Mensch durch die Liebe. Das gilt zunächst im rein innerweltlichen Bereich. Wenn jemand in seinem Leben die große Liebe erfährt, ist dies ein Augenblick der ,,Erlösung’’, die seinem Leben einen neuen Sinn gibt. Aber er wird bald auch erkennen, daß die ihm geschenkte Liebe allein die Frage seines Lebens nicht löst. Sie bleibt angefochten. Sie kann durch den Tod zerstört werden. Er braucht die unbedingte Liebe. Er braucht jene Gewißheit.“ (Nr 26). Und weiter: „Wir brauchen die kleineren oder größeren Hoffnungen, die uns Tag um Tag auf dem Weg halten. Aber sie reichen nicht aus ohne die große Hoffnung, die alles andere überschreiten muß. Diese große Hoffnung kann nur Gott sein.“ (Nr. 31).
Von grosser Bedeutung ist die von der Enzyklika durchgeführte Analyse über die Beziehung zwischen Hoffnung und Freiheit, in der vertreten wird, dass man die Hoffnung auf die engen Grenzen der weltlichen Realitäten reduziert hat, auf das menschlich Machbare, und die Heilsdimension ausgeschlossen hat, in der die Hoffnung nicht nur Frucht des menschlichen Handelns und Fortschritts ist in einer „Selbsterlöser-Konzeption“, die in Wirklichkeit auch die Freiheit verringert hat: „Eine Hoffnung, die mich selber nicht betrifft, ist auch keine wirkliche Hoffnung. Und es zeigte sich, daß dies eine Hoffnung gegen die Freiheit ist, denn der Zustand der menschlichen Dinge hängt in jeder Generation neu von der freien Entscheidung dieser Menschen ab. Wenn sie ihnen durch die Verhältnisse und die Strukturen abgenommen würde, wäre die Welt doch wieder nicht gut, weil eine Welt ohne Freiheit keine gute Welt ist.(Nr.30)
Anliegen des Hirten der gesamten Kirche ist es, allen seinen Kindern und allen Menschen guten Willens zu zeigen, wo und wie man die Hoffnung „lernen“ kann. Hierbei stellt der Heilige Vater drei grundlegende „Orte“ fest: zuallererst das Gebet (Nr. 32-34), dann das menschliche Handeln und Leiden (Nr. 35-40) und zuletzt das Gericht am Ende der Zeit (Nr. 41-48). Der Text endet mit einem aussergewöhnlich schönen Fresko, das der seligen Jungfrau Maria, dem „Stern der Hoffnung“ gewidmet ist. (Nr. 48-50) (Fidesdienst 30/11/2007; Zeilen 62, Worte 1019)


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