VATIKAN - „Ohne Dinge zu ignorieren oder zu mindern, die uns als Christen und Muslime unterscheiden, können wir und deshalb müssen wir, den Dingen unser Augenmerk widmen, die uns verbinden“: Antwort des Papstes auf das offene Schreiben der 138 muslimischen Religionsführer

Freitag, 30 November 2007

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Am 13. Oktober hatte anlässlich des muslimischen Fastenbrechens (Eid al Fitr) eine Gruppe von 138 Religionsführern einen offenen Brief an Papst Benedikt XVI. und an die Verantwortlichen der anderen christlichen Konfessionen geschrieben. Der Papst antwortete nun durch den Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone mit einem Schreiben an Prinz Ghazi bin Muhammad bin Talal, Präsident des „Aal al-Bayt Institute for Islamic Thougt“, der sich persönlich um die Übergabe des offenen Schreibens bemüht hatte. Es folgt der Wortlaut des Schreibens in eigener Übersetzung:

„Königliche Hoheit,

am 13. Oktober 2007 wurde ein offener Brief an Papst Benedikt XVI. und an andere christliche Religionsvertreter von 138 muslimischen Religionsführern unterzeichnet, darunter auch Sie. Sie waren Ihrerseits so höflich, diesen dem lateinischen Patriarchen von Jerusalem in Jordanien, Bischofs Salim Sayegh zu überreichen, mit der Bitte, ihn an den Papst weiterzuleiten.
Der Papst hat mich gebeten, Ihnen gegenüber und allen Unterzeichnern des Briefes seine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Außerdem möchte er seine Wertschätzung für diese Geste und für den positiven Geist, der den Text inspiriert, sowie für den Aufruf zu einem gemeinsamen Engagement für die Förderung des Friedens in der Welt äußern.
Ohne Dinge zu ignorieren oder zu mindern, die uns als Christen und Muslime unterscheiden, können wir und deshalb müssen wir, den Dingen unser Augenmerk widmen, die uns verbinden und besonders der Glaube an den einen Gott, den vorsehenden Schöpfer und universalen Richter, der am Ende der Zeit jeden Menschen nach seinem Handeln richten wird. Wir sind alle berufen, uns ihm ganz zu verpflichten, und seinem heiligen Willen zu gehorchen.
Im Gedenken an die Enzyklika „Deus caritas est“ (Gott ist Liebe) war der Papst vor allem von dem Augenmerk beeindruckt, das der Brief dem zweifachen Gebot der Liebe zu Gott und zu den Menschen widmet.
Wie Sie wissen, hat der Papst zu Beginn seines Pontifikats betont: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir, ohne dem negativen Druck der Umgebung zu weichen, die Werte der gegenseitigen Achtung, der Solidarität und des Friedens bekräftigen müssen. Das Leben jedes Menschen ist heilig, für die Christen wie für die Muslime. Wir haben ein großes Aktionsfeld, in dem wir uns im Dienst an den moralischen Grundwerten vereint fühlen dürfen“ (Ansprache an die Vertreter muslimischer Gemeinden in Köln, 20. August 2005). Dieses gemeinsame Territorium macht es uns möglich, den Dialog auf der tatsächlichen Achtung der Würde jedes Menschen, dem objektiven Wissen um die Religion des anderen, das Teilen der religiösen Erfahrung und schließlich das gemeinsame Engagement für die Förderung des Respekts und die gegenseitige Annahme unter jungen Menschen zu gründen.
Der Papst vertraut dabei auf die Tatsache, dass, wenn wir dieses Ziel erreichen, eine produktive Zusammenarbeit im Schoß der Kultur und der Gesellschaft und bei der Förderung von Gerechtigkeit und Frieden in der in der Gesellschaft und in aller Welt möglich sein wird.
Indem ich Ihre lobenswerte Initiativen begrüßen darf, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Papst Ihre Hoheit und eine von Ihnen ausgewählte engere Gruppe der Unterzeichner des Briefes, herzlich gerne in Audienz empfangen würde. Gleichsam könnte ein Arbeitstreffen Ihrer Delegation mit dem Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog in Zusammenarbeit mit einigen spezifischen Päpstlichen Einrichtungen, darunter das Päpstliche Institut für Arabische Studien und die Päpstliche Universität Gregoriana geplant werden. Die Details dieses Treffens werden wir definieren, sollten Sie diese Einladung für akzeptierbar erachten.
Ich möchte Ihnen, Ihre Hoheit, bei dieser Gelegenheit erneut meine Hochachtung zum Ausdruck bringen.
Aus dem Vatikan, 19. November 2007
Kardinal Bertone
Staatssekretär
(Fidesdienst, 30/11/2007 - 58 Zeilen, 618 Worte)


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